15. Wirtschaftsforum Kanton Schwyz

Bildlegende: Überbauung Mätivor/Schwyz, Ortsumgehung Südtangente Küssnacht, Verkehrsprojekte Höfe/Ausserschwyz zeigen die hohe Ativität der Kantonsregierung nach zukunftssicheren Infra- und Wirtschaftsstrukturen. Alle Fotos: © Axel-B: Bott

Auszug 15. Wirtschaftsforum des Kantons Schwyz: «Treiben Lebensqualität und glückliche Menschen unser Wirtschaftswachstum an?»

Rede von Andreas Barraud, Regierungsrat und Vorsteher Volkswirtschaftsdepartement, Dienstag, 26. Oktober 2021, 16.00 h, Seedamm Plaza, Pfäffikon.

Andreas Barraud

Herr Ständerats-Präsident, Herr Kantonsrats-Präsident, geschätzte Herren Regierungsräte, werte Damen und Herren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.

Geschätzte Anna Baumnn, Maike van den Boom, geschätzter Reiner Eichenberger, verehrte Gäste und Vertreter von den Medien.

(In diesem Bericht auf Schwyz-Infra.ch, sind die Beiträge als ausserkantonale Referate von Maike van den Boom und Reiner Eichenberger nicht berücksichtigt).

Herzlich willkommen zum 15. Wirtschaftsforum. Anscheinend fühlen Sie sich hier im Kanton Schwyz wohl und zufrieden. Sonst dürften wir Sie nicht wie in den vergangenen Jahren wieder so zahlreich an unserem Wirtschaftsforum willkommen heissen.
Es freut mich im Speziellen, dass wir uns – nach einem Jahr Unterbruch – wieder persönlich treffen und austauschen können. Ein attraktiver Wirtschaftsstandort zeichnet sich unter anderem durch seine Wettbewerbsfähigkeit aus. Gemäss dem diesjährigen, kantonalen Wettbewerbsindikator der UBS hat sich der Kanton Schwyz erneut verbessert und nimmt aktuell den 5. Platz ein – nur noch ganz knapp hinter dem Kanton Aargau. Damit zählt der Kanton Schwyz neu zu den Kantonen die mit dem Prädikat «Hohen Wettbewerbsfähigkeit» ausgezeichnet worden sind. Das ist eine – für Sie und für uns – «gfreute» Nachricht. Was löst sie aber bei uns aus – Glück, Zufriedenheit, Respekt – oder lässt sie uns einfach kalt …. ? 

Um solche – und um weitere Fragen rund um die Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität geht es am heutigen Wirtschaftsforum. Der Titel: «Treiben Lebensqualität und glückliche Menschen unser Wirtschaftswachstum an?» prägt die diesjährige Einladung. Ist das für Sie eine – von uns wieder bewusst provokative – in der Sache völlig offene – in den Raum gestellte Behauptung? Behauptung hin oder her – nur schon alleine die Aussage, dass: – «Glückliche Menschen und Lebensqualität unser Wirtschafswachstum antreiben», reflektiert, birgt Stoff für kontrovers geführte Diskussionen zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Ethik, Bevölkerung und Politik. Sie dürfen sich also zusammen – mit den rund 400 anwesenden Gästen – auf eine spannende Auseinadersetzung da, am 15. Wirtschaftsforums vom Kantons Schwyz, freuen. 

Im Zentrum steht dabei die Wechselwirkung zwischen Bruttoinlandprodukt (BIP) und Glück. Grundsätzlich gilt ja die Formel, dass ein höheres BIP pro Kopf – auch mehr Wohlstand und eine bessere Lebensqualität für die Bevölkerung eines Landes zur Folge hat. Das lässt Spielraum für eine 1. These: «Das Bruttoinlandprodukt, also die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland – nach Abzug aller Vorleistungen – ist der Treiber unseres Wohlstands und der Lebensqualität». Tatsache ist: Menschen rund um den Globus geben bei Befragungen an, dass sie aufgrund eines höheren Einkommens und Vermögens zufriedener und glücklicher sind. 

Darum eine 2. These: «Wirtschaftswachstum sorgt für glücklichere und zufriedenere Menschen». Nicht nur. Denn die 2. These stimmt lediglich bis zu einem gewissen Grad. So belegen diverse, global durchgeführte Studien, dass ab einem jährlichen Einkommen von über 20’000 Dollar das Wohlbefinden von der Bevölkerung nicht mehr gleich stark weiter steigt. Andere Faktoren~ als hier das liebe Geld gemeint – werden auf einmal wichtiger. Kommt sinnigerweise dazu, dass: «Je reicher die Menschen sind, desto stärker vergleichen sie ihr Einkommen mit noch reicheren Personen – und fühlen sich dann unglücklicher, auch wenn sie zwar reich sind, aber vielleicht weniger wohlhabend als gerade zum Beispiel ihre Nachbarn. Fazit: Bis zur Befriedigung der Grundbedürfnisse macht Geld scheinbar glücklich und zufrieden. Oberhalb dieser Einkommensschwelle kann man sich zwar mehr Dinge leisten, diese machen jedoch nicht automatisch glücklicher und zufriedener. So hängt also ab einem gewissen Einkommen das Wohlbefinden der Bevölkerung nicht mehr nur von den materiellen Lebensbedingungen – sondern auch vom subjektiven Empfinden von der Lebensqualitäten ab. Zu diesen zählen unter anderem: – die Gesundheit, – die Bildung, – die Qualität von der Umwelt, – die Sicherheit, – die politischen Mitwirkungsmöglichkeiten oder – die Work-Life-Balance. Seit vielen Jahren schon befassen sich diversen «Modellrechner » mit dem Glück der Menschen: So wird in Butan auf Initiative des König seit 2008 das Brutto-National-Glück (BNG) gemessen. Dieser Index baut auf einem Gesetzestext aus dem 18. Jahrhundert auf, der besagt, dass eine Regierung keine Legitimation hat, wenn sie nicht für das Glück ihrer Bürgerinnen und Bürger sorgt. Das Brutto-National-Glück versucht also, den Lebensstandard in Butan in seinen subjektiven und spirituellen Dimensionen zu messen – und grenzt sich damit klar von unserem BIP ab. 

Andere, internationale Indexe, die sich mit der Lebensqualität befassen, sind der «Happy Planet Index» oder der «World Happiness Report». Und in Genf engagiert sich seit 2019 eine Gruppierung, damit der «Bonheur cantonal brut» in die Genfer Kantonsverfassung aufgenommen wird. Nach der Idee der Bewegung soll im Kanton Genf künftig die Lebensqualität in ihrer Gesamtheit, also auch unter Einbezug des Glücks, gemessen werden. So weit sind oder gehen wir da im Kanton Schwyz – und ich stelle die Frage – glücklichwerweise ? – nicht. Erlauben Sie mir, Ihnen auf das auch gleich meine Antwort zu geben: «Ich glaube, es ist nicht nötig, dass man versucht, das Glück der Menschen in dieser Form auszuweisen – denn indirekt fliessen die immateriellen Lebensbedingungen ja bereits ins BIP ein». 

Ich komme zur 3.These: «Mitarbeitende, die in einer intakten Umwelt wie hier im Kanton Schwyz leben und arbeiten, einen guten Zugang zum Gesundheitssystem, zur Bildung oder zur Politik haben – und sich sicher, zufrieden und glücklich fühlen – treiben das BIP-Wachstum stärker an – gerade auch darum weil sie engagierter und motivierter ihre Arbeit können verrichten». Und warum ist die Schweiz weltweit führend in den Bereichen «Innovation und Produktivität»? Haben diese positiven wahrnehmenden Indikatoren nicht auch etwas mit unseren Mitwirkungsrechten zu tun – direkt oder indirekt? 

So sind wir es in unserer direkten Demokratie gewohnt, bei allen wichtigen Fragen mitbestimmen zu dürfen. Wir sind priviligiert, und das nicht nur in den Betrieben, in denen wir arbeiten – nein wir dürfen und können das auch politisch tun. Tragen wir diesen Privilegien, diesen Werten auch künftig Sorge. Fazit zur 3. These: «Ein zufriedenes Arbeits- und Mitarbeiterumfeld dient dazu, dass wir bereit sind, mehr zu leisten und am Ende dieser Kette das BIP stärker wächst». Somit ergibt sich eine klare Korrelation zwischen dem Wohlbefinden – respektive dem Glück und der Zufriedenheit unserer Bevölkerung und dem BIPWachstum. Was ist nun aber die Aufgabe der öffentliche Hand oder eben des Staats? Ich sehe eine wichtigen Rollen darin, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen für Unternehmen, für Mitarbeitende und insbesondere für unsere Bevölkerung sehr gut, schlank und so wenig wie möglich sind. Ich weiss, dass tönt jetzt sehr einfach und plausibel …. Das Thema ist und bleibt also hoch spannend. Es freut mich besonders, dass wir mit dem 15. Wirtschaftsforum auch in diesem Jahr wieder ein sehr grosses Interesse bei Ihnen wecken konnten. Das hat insbesondere auch mit unseren hochkarätige Referentinnen und dem Referenten zu tun.

Volkswirtschaftsdepartement
Departementsvorsteher
Bahnhofstrasse 15
Postfach 1180
6431 Schwyz
Telefon 041 819 16 52
Telefax 041 819 16 19
www.schwyz.ch

Bildlegende: Neubau Tiergehege, Ställe, Schulungs- und Ausstellungsräume im Gebiet Grosswijer, Begegnungen mit den Tieren auf Augenhöhe oder der Parkbesucher untereinander. Alle Fotos: © Axel-B: Bott

Weitere Referenten aus dem Kanton Schwyz:

Anna Baumann, Direktorin des Natur- und Tierpark Goldau.

«Auf den Spuren des Glücks»

Weshalb wertschätzende Produktivität ins Glück führt

Ich bin Anna Baumann, Direktorin  des im Jahr 1925 gegründeten Vereins Direktorin des Natur- und Tierpark Goldau. Der Verein ist ein Naturschutzzentrum und Erholungsraum. Er organisiert Ausstellungen und Führungen, veranstaltet Lager für Kinder und junge Erwachsene und bietet den Besuchenden hautnahe Kontakte mit einheimischen und europäischen Tieren. Er engagiert sich in internationalen Projekten zur Erhaltung und Wiederansiedlung gefährdeter Tierarten.

Der Park entstand in Folge einer Bergsturz-Katastrophe im Jahr 1806. Zu dem vom Geröll überrollten Gebiet in der Gemeinde Goldau gehörte auch das Bahnareal der SBB. Mutige Initianten erkannten die Chance, mit hohem Pioniergeist in diesem einmalig neu strukturierten Gebiet einen Tierpark aufzubauen. aber viele engagierte Menschen die sich begeistert dieser Idee anschlossen entstand aus einfachen Anfängen eine heute nicht mehr in der Region, dem Kanton, national und international wegzudenkende Institution des Tier Park Goldau.

Etwa im Jahr 2007 übernahm ich die Direktion dieses Natur- und Tierpark Goldau und konnte mit meiner Philosophie der Wertschätzung wesentlich mit zum heutigen Status des Parks beitragen. So gesehen erkenne ich mehrere wesentliche Ereignisse an, die sich heute als die entscheidenden Glücksbringer in einer nicht endenden Glückskette erwiesen haben und es noch tun.

Erster Glücksfall: Der Natur- und Tierpark Goldau wird ein unverzichtbares Funktionselement eines internationalen Räderwerks Zoo

Ich freue mich, sie auf meine Reise auf den Spuren des Glücks durch Zooschweiz, mein Leben, den Natur- und Tierpark Goldau und den Tourismus mitzunehmen. Spannend, dass ich hier aus der Sicht der Touristikerin sprechen darf, warum werden sie grad erfahren.
Gerne möchte ich als erstes das Räderwerk Zoo etwas erklären.

Die 10 wichtigsten Schweizer Zoos halten etwa 900 verschiedene Tierarten. 72 Tierarten, davon teilweise hochgradig bedrohte Arten, werden in international koordinierten Zuchtprogrammen gehalten und gezüchtet. Zudem werden etwa 600 tropische Pflanzenarten gehalten und gezüchtet, auch in Koordination mit den botanischen Gärten und Universitäten. Jährlich finden in den Zoos über 5000 Führungen mit über 100 000 Teilnehmenden sowie über 800 Workshops für Schulklassen statt. Die Zoos unterstützen Forschungsprojekte unserer Hochschulen, insbesondere für die Verhaltensforschung sowie für die Veterinärmedizin der beiden Schweizer Tierspitäler der Universitäten von Bern und Zürich. Zudem beteiligen sie sich mit finanziellen Mitteln und mit Know-how in Naturschutzprojekten in über 20 Staaten. 

Alleine die 10 wisssenschaftlich geführten Schweizer Zoos haben knapp 4 Millionen Besuchende mit einer Wertschöpfung für die regionale Wirtschaft von 125 Mio Franken pro Jahr. 2.5 Mio Franken fliessen pro Jahr in Naturschutzgebiete in 20 Ländern. Die fast 1200 Museen der Schweiz ziehen zusammen gerade mal 14.2 Mio. Besuchende an. Aber die Zoos sind keine Kultureinrichtungen gemäss Bundesrat. Ob wir Tourismusdestinationen sind, weiss ich nicht, da wir das noch nicht mit einer Interpellation beim Bund abgeklärt haben. Im Moment läuft eine Interpellation, wer beim Bund für die Zoos verantwortlich zeichnet, falls wieder mal eine Krise auf uns zu käme. Dabei ist herausgekommen, dass der Bund keine Zoos unterstützen wird. Immerhin ist unser Verband von zooschweiz, dessen Präsidentin ich bis im Frühling war, Mitglied des Schweizerischen Tourismusverbandes und des Verbandes der Museen Schweiz. Obwohl wir als Zoos resp. Tierparks weder anerkannt sind als Kultur, Edukation, Naturschutz oder Tourismusorganisation, habe ich definitiv ein grosses Herz für den Tourismus.

Das bringt mich zurück auf meine Erlebnisse in meinem Elternhaus. Mein Vater, ein sich vollkommen der Natur verpflichteter Mensch und meine Mutter eine aufs Leben neugierige und unkomplizierte Frau, hatten immer ein offenes Haus. Am Sonntagnachmittag haben sich bei uns damals vor 50 Jahren Italiener Jugoslawen, Türken, Spanier und auch ein paar Schwyzer Bauern versammelt. Meine Eltern waren Zuchtbuchführer für das Schweizer Braunvieh, da kamen die Bauern jeweils am Sonntagnachmittag, um ihre Kälbli anzumelden vorbei. Und warum? Ganz sicher nicht, weil wir immer spannende Diskussionen hatten mit den Fremden Fötzeln aus den komischen Ländern, sondern weil es im-mer eine grosse Tafel gab mit Köstlichkeiten aus aller Welt. Die Freunde meines Vaters brachten immer wunderbare Süd-Früchte, Gemüse und Süssigkeiten mit. Meine Eltern sorgten für den Rest, für Fleisch, Kaffee, Wein, Most, Schnaps und was es sonst noch so Benötigte für ei-ne schöne Sonntagsnachmittagstafel. So beeindrucken mich schon früh verschiedene Denkweisen, Ethnien und Argumente. Und vor allem habe ich schon früh gelernt und erlebt was Gastfreundschaft heisst und was es heisst, Personen wertzuschätzen und ein Netzwerk zu pflegen. Ich bin in ein Umfeld geboren worden, welches mich zukunftsorientiert und weltoffen machte.
Seitdem pflege ich selber ein riesengrosses Netzwerk, auch international. Ich kenne mindestens in jeder grösseren Stadt auf der ganzen Welt die Zoodirektorin oder den Zoodirektor, das sind ungefähr 300. Auch von meiner Arbeit in London und dem Studium in Glasgow sind ein paar Freunde dazugekommen. Und selbstverständlich sind mir von jeder Arbeitsstelle ein paar geblieben.
Ich habe eine ungespielte und gesunde Neugier an meinem Mitmenschen, also ein aufrichtiges Interesse. Ich höre zu und habe nicht mein Handy neben mir, dieses spielt nicht die Hauptrolle in meinem Leben, sondern der Mensch, dieser ist im Mittelpunkt. Ich finde die Lebensläufe von Menschen sehr spannend und mit ihnen zu diskutieren, warum ihr Leben so verlaufen ist. Am spannendsten finde ich ältere Persönlichkeiten, welche bereits 90 Jahre hinter sich haben. Wenn ich die jeweils frage, ob die Zeiten früher besser waren, erhalte ich unisono die Antwort: Es ist immer im hier und jetzt die beste aller Zeiten. So freue ich mich sehr auf alles was noch kommt..
Irgendwann vor knapp 14 Jahren kam der Ruf nach Goldau. Es fiel mir enorm schwierig, Alex Rübel, vom Zoo Zürich nach fünf Jahren diese Botschaft zu übermitteln. Aber es gibt ja immer auch Chancen, wenn eine Person geht und diese gilt es zu packen.

Zweiter Glücksfall: Der Natur- und Tierpark Goldau entwickelt eine dynamische Wirtschaftsgrösse und wird zum bedeutenden Investitionsobjekt

Bevor ich aber in Goldau zusagte, habe ich eine Analyse des Unternehmens gemacht. Es standen viele Herausforderungen an, vor allem aber finanzielle und personelle. Meine Freunde sagten mir, ob ich das grosse Risiko wirklich eingehen wolle, diesen Betrieb als Direktorin zu übernehmen. Viele kondolierten mir, anstelle mir zu gratulieren. Was für ein Glück! Da konnte ich ja nur gewinnen.
Vor gut 13 Jahren habe ich also den Natur- und Tierpark Goldau übernommen. Ich musste sofort 3 Mio. Franken zusammenbringen für die Gemeinschaftsanlage Bär und Wolf, welche zwar zu 80% fertig gestellt aber erst zur Hälfte finanziert war. Auch dem Betrieb fehlten einige Mittel. Das Image liess auch etwas zu wünschen übrig, die Türen fielen auf jeden Fall nicht grad auf, wenn ich kam. Der Umsatz musste dringend erhöht werden. An der Infrastruktur konnten früher viele Jahre keine Investitionen getätigt werden wegen anderer Prioritäten. Viele Gebäude waren baufällig. Es galt zu sparen, umzuorganisieren, neue Mitarbeitende anzulocken und neu zu bauen. Ich muss gestehen, die ersten Wochen habe ich schon manchmal leer geschluckt. In dieser Zeit musste ich auch noch meine Tierpfleger-Prüfung in Wien ablegen. Da gab es anstelle Skiferien, Lernferien. Seither habe ich Achtung vor jedem Lehrling, der diese Prüfung ablegen muss. Das Wissen, das gebraucht wird, ist sehr umfassend und vielfältig.

Der Investitionsmarathon begann. Mit der Fertigstellung des neuen Besucherprojekts mit Verwaltung im Jahr 2023 haben wir dann bis in zwei Jahren gut 50 Mio. investiert. Also eine Summe, welche sich sehen lassen kann. Und das alles in einem Umfeld, welches überhaupt nicht spendenaffin ist. Der Natur- und Tierpark Goldau hatte vor dem Bau der Gemeinschaftsanlage für Bär und Wolf vermehrt auf Kleinspenderinnen und Spender gesetzt, dafür bin ich heute noch sehr dankbar. Das Fundraising-Konzept musste jedoch stark erweitert werden mit Institutionellem Fundraising. Und wir mussten in einem schwierigen Umfeld investieren. Der Natur- und Tierpark Goldau konnte nicht jedes Jahr Gewinne ausweisen, sondern es waren auch ein paar Jahre dabei mit negativem Ergebnis. Viele fragen mich immer wieder, was denn mein Erfolgsrezept sei. Das ist, glaube ich einfach: Ich kann mich in andere hineinversetzen, ich habe meine demenzkranke Mutter 10 Jahre lang mitgepflegt. Das geht nur wenn man sich emotional in andere hineinversetzen kann. Man muss herausfinden, was die gerade brauchen. Also mit dem Herz führen und nicht mit dem Verstand. Jede und jeder dieser Spenderinnen und Spender möchte persönlich abgeholt werden und ich muss bei jeder Person zuerst herausfinden, ob ich direkt oder indirekt nach Geld fragen darf und wie direkt ich sein kann. Hinzu kommt das tolle Produkt Tierpark und auch, dass die Spenden steuerabzugsfähig sind. Spätestens jetzt können Sie Ihr Portemonnaie öffnen.

Der Natur- und Tierpark Goldau wurde vor fast Hundert Jahren von Menschen für Menschen erschaffen. Ein Tierpark ist ein System, welches die Ökologie, die Ökonomie und die gesellschaftlichen Aspekte ins Gleichgewicht bringt. Alles was wir im Natur- und Tierpark Goldau er-schaffen, machen wir für die Gemeinschaft und das ohne regelmässige Subventionen zu bekommen. Wenn die 10 wissenschaftlich geführten Zoos der Schweiz gleichviel Subventionen bekämen wie etwa die Theater, müssten wir alle keine Eintritte mehr verlangen. Und der Natur- und Tierpark Goldau ist einer der wenigen, welcher keine Subventionen erhält. Die meisten der 250 wissenschaftlich geführten Zoos in Deutschland hangen am Tropfen der Kommunen. Sie haben aber gleich viele Besuchenden wie die erste Bundesliga. Weltweit haben die wissenschaftlich geführten Zoos pro Jahr über 700 Mio Besuchende.
Wir in Goldau sind über jeden Franken Unterstützung zutiefst dankbar, welcher wir vom Kanton Schwyz oder den Bezirken und Gemeinden oder auch vom Kanton Zug erhalten, wenn wir Neubauten planen wie z.B. eine Auffang-, Pflege- oder Quarantänestation oder sonst ein Infrastruktur-Gebäude, welche auch zum Teil für die Öffentlichkeit gebaut werden.

Dritter Glücksfall: Der Natur- und Tierpark Goldau wird zu einem Tourismusmagneten für die Region

Das führt mich jetzt zu den Organisationen im Tourismus. Es braucht agile Organisationen, welche sich sehr schnell dem Markt anpassen und das möchte ich hier erklären, weil das für die meisten immer noch fremd ist. Dazu muss man wissen, dass ich schon viele Führungsseminare gegeben habe und dort immer wieder von einem systemischen Ansatz spreche wie das z.B. bei einem Wolfsrudel vorkommt. Die Einführung von agilen Organisationen bedeutet meistens eine Revolution bezüglich der Unternehmenskultur und der dominanten Werte und Paradigmen. Lange eingeübte und bislang für richtig befundene Verhaltens-weisen und Glaubenssätze werden plötzlich radikal in Frage gestellt, gewachsene Strukturen und Beziehungen aufgebrochen. Zumindest seit Corona kennen das viele Organisationen. Eine Schlüsselrolle bei der erfolgreichen Transition nehmen Stiftungs- oder Verwaltungsräte einer Organisation ein. Damit sie aber die Entwicklung einer agilen Organisation positiv und motiviert mitgestalten können, benötigen sie ein klares und attraktives Bild ihrer zukünftigen Rolle und ein neues Verständnis von wirksamen Führungsprinzipien. Und ich wage zu behaupten, dass in der Schweiz nur wenige Organisation das leben. Das schlüssige Konzept für diesen neuen systemischen Führungsstil, räumt dabei auch mit Irrtümern und Fehlinterpretationen des traditionellen Managements auf. Dieses Konzept dient auch als Antwort auf die allgemeine Managementkrise in der immer komplexer werdenden Arbeitswelt des 21. Jahrhundert. Systemisches Denken und Handeln zeichnet sich unter an-derem durch den Blick auf Beziehungen und deren Wechselwirkungen, durch eine wertschätzende Grundhaltung und der Orientierung an Ressourcen und Lösungen aus. Systemische Führung ist ein Konzept, das im Sinne der Systemtheorie alle Interaktionen zwischen Führungskräften, Mitarbeitern, Kollegen, Kunden, Lieferanten, Donatoren, Markt und Ge-sellschaft berücksichtigen soll. Die Führungskraft ist nur eine der vielen Kontextfaktoren, die auf die Geführten wirken. Ich betrachte den Natur- und Tierpark Goldau als eine Organisation, welche den Besuchenden gehört und welche gerade darum sehr effizient arbeiten muss. Wir können es uns nicht leisten, Ressourcen zu verschleudern, wir sind permanent unter Beobachtung wie jede andere Tourismusorganisation. Jeder unserer Schritte wird dabei geprüft. Und ihr wisst es alle hier im Saal, im Erlebnis, resp. Tourismusbereich ist heute jede Person Experte oder Expertin.

Im Kanton Schwyz gibt es viele Tourismusdestinationen und Orte, wo man sich erholen kann. Und genau das suchen Menschen heutzutage. Von den vielen Gästefeedbacks wissen wir, dass die Menschen die Natur suchen, um sich zu erholen. Und das liegt jetzt ganz im Trend. Da ist unser Kanton prädestiniert. Auf so kleinem Raum gibt es eine Vielzahl von wunderbaren Möglichkeiten vom Urwald, über das Hochmoor bis zu Voralpinen Zonen, Seen, die Königin der Berge und vieles mehr. Der Kanton Schwyz ist einer der Kantone mit einer der höchsten Biodiversität, wobei diese in den letzten 10 Jahren leider auch rapid abgenommen hat. Bezüglich Lebensstandard bietet der Kanton Schwyz einer der höchsten. Die hohe Dichte an Freizeitangeboten ist unvergleichbar, welche man erleben kann. Man wohnt im Kanton Schwyz und hat grenzen-lose Erlebnisse direkt vor der Haustüre. Ist doch ein schöner Werbe-spruch von einer, welche nicht mehr im Kanton Schwyz wohnt, oder?
Es sind eben sinnvolle Freizeitangebote, welche gemeinsame Erlebnisse schaffen und die Nähe zur Natur. Die Agglomeration von Zürich geht bis weit über den Kanton Schwyz hinaus. Der weltweit zu beobachtende Fokus auf wirtschaftlich erfolgreiche Städte ist längt zu einem der grössten globalen Problemfelder geworden.
Sämtliche namhaften Wirtschafts- und Tourismusverbände bemühen sich, dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Weit über die landschaftliche Schönheit des Kantons Schwyz hinaus bietet die Region offensichtliche Alleinstellungsmerkmale, die man gut kommunizieren kann und die auch Touristen anziehen.

Vierter Glücksfall: Im Natur- und Tierpark Goldau konzentriert sich eine hohe Organisationskultur der stuationsflexiblen Zusammenarbeit

Das führt mich zu einem weiteren Punkt: Die Mitarbeitenden müssen glücklich sein. Sie müssen innerhalb der strategischen Leitplanken und ihrer Zielvorgaben den gesamten Freiraum ausnützen können und sich dabei auch selbstverwirklichen können. Dabei dürfen die Ziele nie zu eng gesteckt sein, denn die Mitarbeitenden sollen immer für den gesamten Park denken und nicht nur für ihren Bereich. Unsere Mitarbeitenden bekommen also von uns keine Aufgaben, welche sie erfüllen müssen, sondern sie bekommen von uns Projekte, welche sie meistern müssen. Und alle Mitarbeitenden wollen und können ihre Ideen einbringen, weil wir eine offene Kultur und eine direkte Umgangssprache pflegen. Und wir wissen alle hier in diesem Raum, die meisten und die besten Ideen kommen von den Mitarbeitenden und von den Gästen. Dabei versuchen wir auch unsere Gäste glücklich zu machen und einzubeziehen.
Ich weiss, dass ich mich hier wiederhole, aber ich kann es nicht oft genug sagen:
Der Natur- und Tierpark Goldau ist eine Institution von Menschen für Menschen geschaffen.
Wir wollen das Verständnis und das Verhältnis von Mensch und Tier fördern
Es ist ein Raum, in denen die Tiere sich bewegen und reproduzieren können.
Ein Biotop, das aus sich selbst existiert, sich aber auch verteidigen muss wie zum Beispiel gegen Seuchen.
Wir sind aber auch eine soziale Institution, wo Kontakte geknüpft werden und Gemeinschaften entstehen.
Unsere vier Säulen basieren auf Erholung, Bildung, Forschung und Artenschutz. Dabei integrieren wir auch unsere Besuchenden, wir wollen mit ihnen zusammen neue Lebensräume erschaffen.

Aber wieder zurück zu den Mitarbeitenden und ihrer Motivation. Nicht nur der Kanton Schwyz ist freiheitsliebend. Das sind auch alle Mitarbeitenden. Autonomie und Selbstverwirklichung gehören dazu, wenn Mit-arbeitende Ziele erreichen wollen. Wir arbeiten hier mit Menschen und nicht mit Robotern. Im Tourismus könnte kein Betrieb überleben, wenn deren Mitarbeitende nach 8 ½ Stunden den Computer runterfahren würden und nach Hause gehen würden. Hier ist ein überaus grosses Engagement und Herzblut für die Dienstleistung, resp. die Gastfreundschaft gefragt. Und wie bringt man diese Mitarbeitenden dazu, mehr zu leisten als andere? Ich habe ein paar meiner jungen Mitarbeitenden befragt. Sie fühlen sich regelrecht beflügelt, wenn sie eine Herausforderung erhalten, welche sie erfüllen müssen. Sie wollen, dass wir sie ernst nehmen, dass wir ihnen gegenüber Interesse zeigen und dass wir das was sie machen wertschätzen. Ich predige immer dasselbe. Wer keine Wertschätzung bekommt, verkümmert. Ein Mitarbeitender, welche oder welcher nicht wahrgenommen wird, zeigt ganz schleichend andere Verhaltensmuster, wird plötzlich unsicher. Spätestens dann sollte dieser Person wieder Wertschätzung entgegengebracht werden. Ich habe oft sehr gute Erfahrung gemacht, wenn ich gute Leute in Positionen befördert habe, deren Inhalt sie nicht kannten. Gerade diese Personen haben dann ein unglaubliches Engagement gezeigt und sich ganz schnell mit den jeweiligen Jobinhalten vertraut gemacht. Diese Personen benötigen aber den Rückhalt der Führungspersönlichkeit. Und wer mich näher kennt, weiss, dass ich wie eine Wand hinter meinen Mitarbeitenden stehe.

So komme ich zur Frage, ob Mitarbeitende, die in einer intakten Umwelt wie im Kanton Schwyz leben einen guten Zugang zum Gesundheitssystem und zur Bildung haben und sich glücklich fühlen, das BIP-Wachstum stärker antreiben – weil sie engagierter und motivierter ihre Arbeit verrichten. Ich würde sagen, das kann nur stimmen, wenn sie in erster Linie genügend Wertschätzung und Rückendeckung von den Führungspersonen und Freunden erhalten und in zweiter Linie eine ihrem Potential entsprechend genügend ambitionierte Arbeit verrichten dürfen. Übrigens sind Mitarbeitende auch genug schlau, Verbesserungsvorschläge einzubringen und wenn sie dann diese selbstgewählten Aufgaben realisieren können, beginnt bereits die Selbstverwirklichung. Selbstverwirklichung hat meistens nichts zu tun mit der eigenen Agenda der Mitarbeitenden, sondern sie wollen meistens ganz banal der Unternehmung weiterhelfen und der sie tätig sind. Dort wo Mitarbeitende oder Dienstleistende demotiviert werden, wird nicht mehr für den Betrieb gedacht und gearbeitet.

Mitarbeitende im Tourismus benötigen ein Umfeld, in dem sie sich wohl fühlen, in dem sie glücklich sind, damit sie einen hohen Output leisten können. Das sind Menschen, welche sich für Menschen einsetzen. Hand aufs Herz: wie oft haben sie für einen Mitarbeitenden im Tourismusbereich Interesse gezeigt. Wie oft haben sie sich so einer Person gegenüber von oben herunter, also arrogant gezeigt? Das sind Dienstleistende Persönlichkeiten, welche für unser Wohl besorgt sind. Auch die dürfen mal einen schlechten Tag haben. Wie oft haben sie dann versucht, diese Person zum lachen zu bringen und dieser Person ein gutes Gefühl zu vermitteln oder einen Aufsteller? Ich kann sie nur anspornen das zu machen. Sie werden sehen, wie gut sie plötzlich überall bedient werden.
Letzthin waren mein bester Freund und ich im Wald spazieren, da sind wir dreimal der gleichen jungen Frau mit Pferd begegnet. Das erste Mal haben wir sie nett gegrüsst und angelächelt, beim zweiten Mal haben wir mit ihr ein banales Gespräch geführt, beim dritten Mal haben wir bereits über die Sorgen und Nöte einer jungen Frau im heuten Umfeld gesprochen. Als wir uns verabschiedeten hat sie sich bei uns herzlich für das Gespräch bedankt. Ich war komplett irritiert und fragte mich: Soll ich mich freuen über das sich bedanken für ein persönliches Gespräch oder muss ich traurig sein über das Ungewöhnliche einer guten Begegnung in unserer schnellen, reizüberfluteten Welt?
Wir alle, auch Sie, welche hier im Saal sitzen, tragen tagtäglich zum Glück ihres Gegenübers und letztendlich zum erhöhten BIP bei.
Dazu wünsche ich Ihnen Freude und Mut mit Ihren Endresultaten im Glück.

Natur- und Tierpark Goldau
Parkstrasse 40
6410 Goldau
Telefon +41 41 859 06 06
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