Netzwerk Arbeit Schwyz

Handlungsspielräume, das kostbarste Gut im Leben

Der Schwyzer Verein Netzwerk Arbeit hat am 8. Oktober 2019 in den Waldstätterhof in Brunnen zu einer Veranstaltung eingeladen. 5 Personen mit psychischen oder gesundheitlichen Einschränkungen referierten über Ihren Alltag und wie sie sich mit Hilfe der IV-Stelle wieder beruflich zurechtgefunden haben. Übereinstimmend sind die Geschichten da, wo durch gesundheitliche Blockaden die Handlungsspielräume drastisch eingeschränkt wurden, die Erkenntnis der Einschränkung verdaut und über eine Phase der erforderlichen Selbstorganisation, neue Orientierung und Chancen erobert werden konnten.

Zielintegrierte Integration

Nach einer schwungvoll gespielten Klavierinterpretation einer der fünf ReferentInnen, eröffnete Alois Gmür, Präsident Verein Netzwerk Arbeit die Veranstaltung mit einem Grusswort an über 100 erschienene Gäste. Er portraitierte die IV-Stelle Schwyz, die gemeinsam mit dem Netzwerk Arbeit, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen unterstützt, wieder ins Arbeitsleben zu integrieren und neue Perspektiven zu schaffen. Der Verein Netzwerk Arbeit Kanton Schwyz mache betroffenen Menschen Mut, neue Chancen zu nutzen.
Denn, seit 2012 sorge der Verein dafür, dass sich Arbeitgeber zum Thema berufliche Integration austauschen können, relevante Informationen erhalten und bei einer Integration im eigenen Unternehmen von kostenlosen, wertvollen Dienstleistungen profitieren. Das helfe den Betroffenen und den Unternehmen, einen leichteren Einstieg in die Beschäftigung zu finden. Sibylle Renggli – Fachperson Berufliche Integration, moderierte im Anschluss die Interviews mit den Referenten.

5 Geschichten die berühren und bewegen

Wenn die Augen nicht können und dafür das Gehör und Gedächtnis punkten

Eine Klavierlehrerin ist von Kind an sehbehindert. Das Fokussieren der Augen strengt an, erzeugt Kopfschmerzen, beeinträchtigt den Lebensalltag. Sie schaffte dennoch die Matura abzuschliessen, eine Familie zu gründen, und ein Musikstudium in Luzern zu absolvieren. Anstatt Noten lesen zu können, erwarb sie sich die Fähigkeit diese auswendig zu lernen, ihr Gedächtnis und das Gehör alternativ zu trainieren. Heute meistert sie den Einsatz und betreut an zwei Musikschulen 5 – 6 Schüler pro Tag.
Für sie war es schwer, nicht mit ihrer Beeinträchtigung zu hadern, sondern sie anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Ab da, gingen ihre disziplinarischen Errungenschaften einfacher von der Hand. Doch sie sieht, wie sie nur mit Hilfe von aussen allen Anforderungen entsprechen kann.
So war die Unterstützung des Netzwerks Arbeit und der IV-Stelle Kanton Schwyz, ein wichtige Erleichterung für sie.

Mit Nervenschmerzen umgehen, die Tätigkeit verändern
Eine junge Floristin macht sich selbständig und ist erfolgreich, bis sich durch eine Nervenirritation am Rückgrat Schmerzen am rechten Arm einstellen. Sie kann ihren Traumberuf nicht mehr ausführen, die Schmerzen behindern die anspruchsvollen Bewegungen der Hand bei der floristischen Arbeit.
Die IV-Stelle ermöglicht ihr eine Umschulung zur Marketingfachkraft. Sie ist heute in einem rentenausschliessendem Pensum tätig und kann heute schmerzfrei wieder einem Beruf nachgehen. Für die Rückgewinnung neuer Handlungsspielräume ist sie dem Netzwerk Arbeit dankbar.

Durch Peer-Begleiterin aus einer Depression befreit
Eine weitere Frau hat gerade ihr Jurastudium abgeschlossen und begonnen, in ihrem Beruf zu praktizieren. Da trifft sie eine schwere Depression. Die heute 46-Jährige suchte sich psychiatrische Unterstützung, begleitet von klinischen Aufenthalten sowie der Einschaltung der zuständigen regionalen IV-Stelle. Nach einem längeren Leidensweg folgten berufliche Massnahmen und Praktika sowie ein Job-Coaching – leider alles ohne Erfolg, «obwohl ich unbedingt arbeiten wollte», betont die Juristin.
Ihre Chance kam mit der sogenannten «Peer»-Ausbildung, welche die Juristin selbst finanzierte und bei der Stiftung «pro mente sana» absolvierte. Menschen, die von psychischer Krankheit betroffen sind und ihre Erfahrungen in verschiedenen Bereichen der Begleitung von Betroffenen, der Bildung wie auch in der Öffentlichkeitsarbeit reflektiert einbringen wollen, können sich zu Peers weiterbilden lassen. Sie sagt: «Dank der Peer-Ausbildung realisierte ich, dass auch andere Menschen schwierige Geschichten haben. Inzwischen kann ich den Fokus auf das legen, was ich gewonnen habe, nicht darauf, was ich verloren habe».
Seit 1. Januar 2019 arbeitet die Juristin in einem 20 Prozent-Pensum als Peer-Beauftragte bei der IV-Stelle Schwyz. Eine Stelle, die bewusst für die Wiedereingliederung psychisch beeinträchtigter Personen geschaffen wurde. Sie unterstützt die Fachperson Berufliche Integration bei Beratungs-gesprächen und Sitzungen, hält inhouse-Vorträge über die Thematik und ihre Geschichte oder führt eigene Beratungsgespräche mit Betroffenen durch.

Trotz schwerem Sportunfall wieder im Arbeitsprozess
Ein schwerer Sportunfall veränderte von heute auf morgen das Leben für einen Fachspezialisten in einem Technikunternehmen. Gewohnt, im Unternehmen und bei Kunden lösungsorientierte Leistungen zu integrieren, warf ihn das Ereignis zunächst aus der Bahn. Doch mit dem Willen, aus seinen Möglichkeiten mehr zu machen trainierte er trotz Rollstuhl intensiv seine Beweglichkeit und
erreichte mit Hilfe des Netzwerks Arbeit eine Rückkehr in seinen alten Beruf und zu einem 80 Prozent-Pensum. Sein Erfolgsrezept ist: «Dran bleiben, nicht aufgeben, stets neue Möglichkeiten testen und andere in ähnlichen Situationen unterstützen.»

Wenn Medikamente nicht mehr weiterhelfen
Seit Kindheit gesundheitlich angeschlagen – es liegt in der Familie, der Bruder hat das gleiche Leiden – ist Cortison gerne ein gängiges Mittel, um Entzündungen und Schmerzen zu behandeln. Allerdings sind auch bei regelmässiger Anwendung die Nebenwirkungen bekannt. Das Gewebe, der Bewegungsapparat und die Haut wird angegriffen. Auch beim Referenten, der erzählte, wie seine Leidensgeschichte ein Arbeiten zunehmend verunmöglichte. Daraus entstand eine Kettenreaktion, Arbeitsplatzverlust, sozialer Druck, finanzielle Engpässe, sinkendes Selbstbewusstsein.
Mit Hilfe des Netzwerks Arbeit findet er bei einem verständnisvollen Arbeitgeber in der Region eine neue Chance. Auch für den Arbeitgeber war es eine Herausforderung, auszuloten, wie weit in einem
Fall die Unterstützung Früchte trägt. Das «Experiment» ist aufgegangen, beide, er und die Firma sind heute sehr zufrieden, wie gut die Integration in die Arbeitswelt gelungen ist.

Wie Netzwerk Arbeit und die IV-Stelle helfen
«Hört man von diesen Schicksalen, wird man sich bewusst, wie wichtig Prävention und frühe Aufklärung sind – aus menschlicher und sozialer, aber auch aus volkswirtschaftlicher Sicht.
Gerade Menschen, die schon in jungen Jahren psychiatrische Probleme aufweisen und eine Rente benötigen, kosten den Staat sehr viel. Das wollen wir verhindern, indem wir unterschiedliche Möglichkeiten zur Wiedereingliederung bieten», so Othmar Mettler, Abteilungsleiter
IV-Stelle Schwyz.

Andreas Dummermuth, Geschäftsleiter Ausgleichskasse Schwyz: «Alle Schwyzer Bürger sollen die Chance haben, sich zu entwickeln, stark zu sein und gebraucht zu werden.» Er appelliert an Arbeitgeber, Personen, die aufgrund eines gesundheitlichen Ereignisses aus dem Arbeitsprozess wie auch dem sozialen Umfeld zu fallen drohen, eine Chance zu geben. Die IV-Stelle und das Netzwerk Arbeit unterstützen gerne dabei. Es werden zudem Ausbildungsbeiträge, Schul- oder Kurskosten bis hin zu Lohnkosten gesprochen. Die Risiken sind für Arbeitgeber überschaubar oder begrenzt.

Alois Gmür setzte mit dem Schlusswort auch einen Aufruf an mögliche Betroffene oder ihre Angehörigen, nicht in ihrer Befangenheit stecken zu bleiben, sondern aktiv das Gespräch mit
dem Verein Netzwerk Arbeit zu suchen. Ebenso ermunterte er, aktiv auf Beeinträchtigte zuzugehen und ihnen Bereitschaft des Verstehens zu signalisieren. Auch das mache Mut, nicht über Schicksale hinwegzusehen, sondern dazu beitragen, erneut wieder Handlungsspielräume zu ermöglichen.

In Aussicht auf einen anschliessenden Apéro wolle er aber nicht weiter referieren, sondern jedem die Gelegenheit bieten jetzt noch gekühlt, eine besondere Spezialität aus Einsiedeln zu geniessen, solange sie noch nicht warm geworden sei!

Weitere Informationen

IV-Stelle Schwyz
Andreas Dummermuth
Bereich Eingliederung
Rubiswilerstrasse 8
Postfach 53
6431 Schwyz
Tel. 041 819 04 08
info@aksz.ch
www.aksz.ch

oder

www.netzwerk-arbeit.ch

Marion Bürgler-Suter, virtuos am Klavier und souverän im Umgang mit Klaviernoten

Gut 100 Personen besuchten den spannenden Anlass des Netzwerk Arbeit Kanton Schwyz

Alois Gmür, Präsident Netzwerk Arbeit, leitet in das Thema des Abends ein, mutvoll gesundheitliche Einschränkungen überwinden und wieder neue Handlungsspielräume im Alltag zu gewinnen.

Othmar Mettler: «Wichtig sind Prävention und Aufklärung!»

Im Zusammenhang einer erfolgreichen Begleitung von Betroffenen bietet sich das «Peer-Programm» der Stiftung «pro mente sana» an.

Andreas Dummermuth, Geschäftsleiter Ausgleichskasse Schwyz: «Alle Schwyzer Bürger sollen die Chance haben, sich zu entwickeln, stark zu sein und gebraucht zu werden.»

Alois Gmür: « … nicht in einer Befangenheit stecken zu bleiben, sondern aktiv das Gespräch mit dem Verein Netzwerk Arbeit zu suchen! …»