UMTC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik

Publireportage für den H+I – Der Schwyzer Wirtschaftsverband. Sonderthema Recycling.


Recycling im Spannungsfeld
zwischen Ökologie und Kosten

«Dass wir uns nicht alles leisten können, was ökologisch wünschenswert wäre, ist in den Köpfen vieler Bürger, und auch Politiker, noch nicht angekommen.» Rainer Bunge

 

Metallrecycling ist deswegen ökologisch so gut, weil die Metallgewinnung aus Erzen eine sehr hohe Umweltbelastung auslösen würde.

Axel B. Bott im Gespräch mit Rainer Bunge.

Als Leiter der Fachgruppe Rohstoffe und Verfahrenstechnik im Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTC, an der HSR Rapperswil, arbeiten Sie neben den drei weiteren Fachgruppen Wasser und Abwassertechnik, Geruch und Advanced Materials & Processes mit rund 20 Ingenieuren, Wissenschaftlern und Absolventen Ihrer Hochschule und anderen Hochschulen zusammen. Ihr Schwerpunkt ist das Recycling. Nennen Sie uns ein Beispiel. Eine unserer Kernkompetenzen ist die Rückgewinnung von Metallen aus der Asche von Kehrichtverbrennungsanlagen. Trotz der separaten Sammlung von Metallen landen in unseren Haushalten noch viele Metallstücke im Kehrichtsack. Vor allem kleine Stücke und solche im Verbund mit Kunststoffen. Wenn diese Kunststoffe abbrennen, werden die (nicht brennbaren) Metallstücke freigelegt und sie können dann aus der Asche zurückgewonnen werden. Mittlerweile werden in der Schweiz alle Metallstücke grösser als etwa 4 Millimeter, die im Abfall landen, aus der Asche wiedergewonnen. Die Schweiz ist globale Technologieführerin auf diesem Gebiet – und die Hochschule Rapperswil hat fleissig daran mitgearbeitet.

Wenn unter die Lösungen die Entwicklung von Recyclingprozesse und Einrichtungen zählen, für welche Ressourcen ist die Wiedereingliederung in neue Wertschöpfungskreisläufe am effizientesten? Effizient in der Reduktion Umweltbelastung, effizient in der Wiederverwertbarkeit als Wertstoff?

Vor allem das Metallrecycling ist deswegen ökologisch so gut, weil die Metallgewinnung aus Erzen eine sehr hohe Umweltbelastung auslösen würde. Die Luft wird durch Rauch aus Metallhütten belastet, Gewässer und Boden werden durch Bergbauabfälle kontaminiert. Jede Tonne Metall, die wir aus der Asche fischen und recyclen, ist eine Tonne Metall die nicht aus Erz gewonnen werden muss. Das Metallrecycling ist aber auch wirtschaftlich interessant, denn der Metallerlös trägt einen wesentlichen Anteil der Kosten. Kunststoffe gelten wegen hoher Kosten als nicht effizient recyclebar. 

Wo scheidet sich der Nutzen, was sollte materiell wiederverwertet und was besser verbrennt (KVA) werden? (Dort findet ja auch Wertschöpfung in Form von nutzbarem Ökostrom und Fernwärme aus Abfall statt).

Was viele Leser überraschen wird: Kunststoffe stellen in der Schweiz überhaupt gar kein Problem dar. Wir sammeln nämlich nur die Kunststoffe, die so sortenrein erfassbar sind, dass man sie auch tatsächlich recyclen kann. Dies ist vor allem PET. Alle anderen Kunststoffe verwerten wir in unseren Kehrichtverbrennungsanlagen zu Strom und Fernwärme. Nicht nur durch das Recycling, sondern auch durch die Verbrennung, wird der Rohstoff Öl durch Kunststoff ersetzt. Im Ausland, z.B. in Deutschland, ist dies anders. Dort werden, aufgrund absurd hoher Recyclingvorgaben, riesige Mengen auch minderwertiger Kunststoffe gesammelt, die gar nicht rezyclierbar sind. Ein Teil davon zur „Nachsortierung“ nach Fernost exportiert. Und ein Teil der dort entstehenden Reste dieser Nachsortierung landet schliesslich im Meer. 

Wo wieder reine Stoffe rückgewonnen werden können (z.B. Edel- oder Unedelmetalle), spielen sicher deren Tagespreise auf den Rohstoffbörsen eine Rolle. Könnte u.U. eine Rückgewinnung defizitär ausgehen und Investitionen in Technologie nicht lohnen?

Oh ja! Vor allem die Metallpreise sind extrem volatil. Wo man gestern noch richtig viel Geld verdienen konnte, legt man heute vielleicht drauf. Man muss sehr gut aufpassen, dass man sich in Hochpreisphasen nicht dazu hinreissen lässt in teure high-tech Anlagen zu investieren. Es kann dann leicht geschehen, dass die Mitbewerber zur gleichen Zeit auf die gleiche Idee kommen. Wenn 2 Jahre später mehrere Anlagen zeitgleich in Betrieb gehen, konkurrieren sie nicht nur untereinander, sondern alle leiden möglicherweise unter den mittlerweile eingebrochenen Metallerlösen. 

Ihre Forschungsprojekte werden in Zusammenarbeit mit Industrie und Behörden finanziell gefördert. Wie können Unternehmen durch Ihr Institut profitieren?

Mein Team besteht aus zwei Gruppen. Die „Gruppe Verfahrenstechnik“ entwickelt im Auftrag von typischerweise mittelständischen Unternehmungen innovative Maschinen oder Verfahren. Unterstützt werden wir hierbei durch einen einzigartigen Maschinenpark, mit dem wir in unserem Technikum praktisch alle Recyclingverfahren simulieren können. Die Gruppe „Konzepte“ macht vor allem Studien für Behörden und Verbände. Spezialisiert sind wir dort auf das sehr heikle Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie. Dies betrifft vor allem die Abwägung eines ökologischen Nutzens gegen die damit verbundenen Kosten. Beide Gruppe  unterstützen sich gegenseitig. Die eine Gruppe schätzt ab, was technisch möglich ist und wie hoch die Kosten sind. Die andere Gruppe rechnet die Ökobilanz, ermittelt die Kosten/Nutzen-Effizienz, und gibt den Auftraggebern eine konkrete Empfehlung zum weiteren Vorgehen ab. Wir können also umwelttechnische Massnahmen und Innovationen umfassend beurteilen: von der Technik über die Kosten bis hin zur Ökologie und den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Wo liegen Ihrer Einschätzung nach die bevorstehenden Herausforderungen im Recycling und ihrer Bedeutung für die Wirtschaft?

Dass wir uns nicht alles leisten können, was ökologisch wünschenswert wäre, ist in den Köpfen vieler Bürger, und auch Politiker, noch nicht angekommen. Eine wichtige Herausforderung besteht darin Priorisierungen vorzunehmen: welche Umweltmassnahme bringt den meisten ökologischen Nutzen für das eingesetzte Geld. Leider werden solche Entscheidungen häufig aus dem „Bauchgefühl“ heraus gefällt, oder danach, wo der politische Druck gerade besonders gross ist. Das führt gelegentlich zur Umsetzung von Umweltmassnahmen, die kaum einen ökologischen Nutzen bringen, aber absurd teuer sind. Ein aktuelles Beispiel ist die Herstellung von Öl aus Kunststoffen mittels chemischer oder thermischer Verfahren. Kurzfristig können clevere Unternehmer mit solchen Massnahmen sogar Geld verdienen und auf einer „Welle von Hype“ surfen. Das ist allerdings sehr riskant, da solche Wellen auch sehr schnell wieder abflauen können.

Fotos © UMTC: Die ersten drei Geräte sind Eigenentwicklungen der Fachstelle Rohstoffe und Verfahrenstechnik – der Langteilseparator ist sogar zum Patent angemeldet. Die restlichen drei Geräte sind „handelsüblich“, wurden aber z.T. von der Fachstelle modifiziert.

Hochschule für Technik Rapperswil HSR
Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC

Fachstelle Rohstoffe und Verfahrenstechnik
Prof. Dr. Rainer Bunge
Oberseestrasse 10
8640 Rapperswil
Telefon 055 222 48 62
rbunge@hsr.ch
www.umtec.ch